Sakramente und Rettung
“Denn ich schäme mich des Evangeliums nicht; denn es ist eine Kraft Gottes, die selig macht alle, die glauben, die Juden zuerst und ebenso die Griechen.” (Röm 1,16)
Kein Thema ist für Christen wichtiger als die Rettung. Der Umgang mit diesem Thema bestimmt unser Glaubensleben, unseren Dienst und schließlich unsere Erlösung. Daher ist ein klares Verständnis von der Rettung für Gläubige sehr wichtig.
Christen verschiedener Denominationen haben über die Rolle der Sakramente für die Erlösung jeweils sehr unterschiedliche Auffassungen. In vielen Bereichen des Lebens sind unterschiedliche Auffassungen inspirierend und man kann voneinander lernen. Auch Gottes Gemeinde ist aufgrund der Vielfalt lebendig. Aber die Grundaussagen des Evangeliums können nicht beliebig ausgetauscht werden, sonst hat der Glaube keine verlässliche Grundlage mehr.
Ein Evangelium, das zur Austeilung von Sakramenten des Neuen Bundes auffordert, die mit der Rettung in Verbindung stehen, steht nicht im Gegensatz zur “Rechtfertigung durch Glauben” oder “Errettung aus Gnade” (Jesus selbst setzte diese Sakramente mit seiner Verheißung und seinem Blut ein, im Gegensatz zu Zeichen, Siegel oder Ritualen wie z.B. Beschneidung, ungesäuertes Brot oder Errettung des Erstgeborenen, in vorherigen Bundesschlüssen. Vgl. 1.Mose 9,12-17; 17,10-14; 2.Mose 13,6-16; 31,13-17). Stattdessen sollten die Sakramente, die Christus selbst geboten und eingesetzt hat, eine wichtige Rolle bei unserer Errettung spielen. Und das tun sie auch. Sakramente beeinträchtigen die Beziehung zu Christus nicht, sondern begründen sie. Aus genau diesem Grund hat Jesus die Sakramente im neuen Bund in seinem Blut eingesetzt.
Wenn Jesus zum Beispiel sagt: ” … Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Wenn jemand nicht geboren wird aus Wasser und Geist, so kann er nicht in das Reich Gottes kommen. ” (Joh 3,5), so weist er damit auf ein wesentliches Element der Erlösung hin. Eigentlich ist hier von der Wiedergeburt die Rede. Vom Zeitablauf her gesehen aber folgt das “aus Wasser geboren” in Johannes 3,5 dem Vorbild Christi, der, nachdem er getauft worden war den Geist empfangen hatte. So bezieht sich die Wiedergeburt hier auf die Wassertaufe (vgl. Joh 1,12.13.31-34; 3,22-26; 4,1.2; Mt 3,13-17); diese Auslegung war seit der Zeit der apostolischen Gemeinde und noch einige hundert Jahre danach üblich. So betrachtet sind Sakramente nicht nur religiöse Riten, sondern wesentliche Elemente zur Wiedergeburt und Erlösung in und durch Christus.
Was ist ein Sakrament?
Jesus antwortete Petrus: „Wenn ich dich nicht wasche, so hast du kein Teil an mir. Denn ein Beispiel habe ich euch gegeben, damit ihr tut, wie ich euch getan habe.“ Joh 13,8.15
Im Laufe der Geschichte wurde “Sakrament” sehr unterschiedlich definiert. Die Tatsache, dass das Wort “Sakrament” eigentlich kein biblischer Begriff ist, erschwert eine Definition. Tertullian, ein früher Kirchenvater, benutzte als Erster das lateinische sacramentum, in der Bedeutung von “Mysterium” (vgl. Eph 5,32; 1.Tim 3,16; Offb 1,20) als er beispielsweise über die Taufe und das Abendmahl sprach.
In der Bibel wird das Wort “Sakrament” jedoch nicht an den Stellen verwendet, in denen es um die von uns heute als Sakramente bezeichneten Handlungen geht. Doch die Kirche verwendet den Begriff “Sakrament” immer noch, um zu beschreiben, dass und wie jemand eine Beziehung zu Christus aufnimmt oder vertieft. So wie wir nicht rational erklären können, wie das Blut von Tieren im alten Bund für das Volk Gottes Sühne schaffen konnte, es sei denn durch den Glauben an Gottes Wort, so sind wir auch nicht in der Lage, rational zu erklären, wie Dinge des alltäglichen Lebens, die in den Sakramenten des neuen Bundes verwendet werden, Wirkung auf unser geistliches Leben in Christus haben sollen.
Wenn wir aber an die Kraft und Wirkung der Sakramente im Neuen Bund glauben, dann tun wir das auf der Grundlage des Glaubens an Christus und sein Wort, sowie an die verheißene Wirkung der Sakramente, die auf diesem Wort gründet.
Ein Sakrament in der Wahren Jesus Gemeinde hat folgende 3 Merkmale:
- Jesus hat es eingesetzt und befohlen, es zu tun (Mt 28,19; Mk 16,16; Joh 13,15.17; 1.Kor 11,23-26)
- Jesus gab ein Beispiel, indem er die Handlung selbst ausführte (Mt 3,13-17; Mk 1,9-11; Lk 3,21.22; Joh 3,26; 4,1.2; 13,12.15; Mt 26,26-28)
- Das Sakrament hat mit der Rettung zu tun (Mk 16,16; Joh 3,5; Apg 2,38; 22,16; Röm 6,5; Kol 2,11-13; 1.Petr 3,21; Joh 13,8; 6,53.54)
Gemäß diesen Kriterien praktiziert die Gemeinde die folgenden drei Sakramente: Die Wassertaufe, die Fußwaschung und das Abendmahl. Dagegen ist für uns die Ehe, die von einigen Denominationen als Sakrament betrachtet wird, nach diesen Kriterien kein Sakrament, denn Christus hat die Ehe weder befohlen noch ist er sie eingegangen. Außerdem ist die Ehe nicht heilsrelevant.
Warum lehnen manche Sakramente ab?
” …vergeblich dienen sie mir, weil sie lehren solche Lehren, die nichts als Menschengebote sind.” (Mt 15,9)
„…sie haben den Schein der Frömmigkeit, aber deren Kraft verleugnen sie; solche Menschen meide!“ (2 Tim 3,5)
Einige betrachten Sakramente als unwichtig, weil sie diese als nicht notwendige “Religion” (d.h. von Menschen ausgedachte Formen, Rituale und Formeln) im Gegensatz zu einer echten “Beziehung” (einer von Herzen kommenden, den Menschen verändernden Beziehung zu Christus) ansehen.
So betrachtet schließen sich beide gegenseitig aus. „Religion“ führt zwangsläufig in die Gesetzlichkeit, wohingegen eine „Beziehung“ automatisch zu einem neuen Leben in Christus führt. Sakramente im Sinne von als von Menschen eingeführte religiöse Praktiken werden von der Mehrheit abgelehnt, da man durch Glauben und nicht durch Religion gerettet wird. Infolgedessen werden die Sakramente des Neuen Testamentes, obwohl sie von Christus geboten wurden, auch mehrheitlich als freiwillige und symbolische Handlungen angesehen. Diese Handlungen bestätigen dann lediglich, dass man innerlich schon von Gott verändert wurde. Sakramentale Handlungen werden demzufolge zu bloßen Hinweisen auf eine schon stattgefundene Erlösung und Veränderung und beinhalten keine Verheißung Christi, haben also keine geistliche Wirkung und sind somit kein “Ritual”.
Natürlich muss Gott unser Inneres, d.h. unser Herz, erst verwandeln, bevor wir auch äußerlich irgendein Sakrament im Glauben annehmen können. Unabhängig davon bleibt bestehen, dass die Sakramente selbst in der Geschichte stattgefunden haben und wichtig waren (ein tatsächliches/ berichtbares Element der Rettung, welches in Zeit und Raum stattfand, im Gegensatz zu einem rein geistlichen Geschehen), da Gott durch sie sein Heilsversprechen erfüllte (Apg 2,37.38; 10,44-48; 16,14.15).
Im Laufe der Geschichte wurde im Namen der Religion zwar immer wieder Schreckliches getan (Religion hier im weiteren Sinne von: ein System von kulturellen, geistlichen und/oder ethischen Anschauungen, die allgemein praktiziert und verstanden werden). Aber für einen Christen schließen sich Religion und Beziehung nicht gegenseitig aus. Im Gegenteil, Religion ist nur eine andere Art der Umsetzung des Glaubens in die Praxis. Wenn so eine Religion wirklich praktiziert wird, begründet und stärkt sie sogar die Beziehung zu Gott und anderen. Wenn der Glaube damit real wird, dann trägt dies zur Rettung bei. Wenn dagegen alle Glaubenspraktiken in einen Gegensatz zu einer Glaubensbeziehung gestellt werden, könnte man meinen, dass das Christentum keine sichtbare Form hätte, was einfach nicht stimmt.
Echter Glaube findet seinen Ausdruck immer in einer sichtbaren Form, das ist in einem bestimmten Verhalten. In diesem Sinn ist jeder Glaube “Religion”. Die Frage ist nicht, ob unser Glaube mit einem bestimmten Verhalten einhergeht, sondern vielmehr, ob diese Praktiken, diese Glaubensausübungen von Gott oder von Menschen anerkannt werden können.
Im Alten Testament gab es feste Vorschriften und Abläufe für die Sühne durch Blut, einschließlich des Sündenbocks als Symbol für die Übernahme von Sünden (vgl. 3.Mose 16,1-34; 1.Chron 6,49). Ja, es war Gott selbst, der diese Form der Sühne einführte; und so konnten die Israeliten Gottes Verheißung der Sühne nur empfangen, wenn sie diese im Glauben annahmen (vgl. 3.Mose 9,7; 16,34).
Obwohl Tieropfer im Bund unter Mose die Sünde nicht vollkommen sühnen konnten (Hebr 10,1-4), bedeutet dies nicht, dass Gottes Verheißung der Sühne keine Wirkung gehabt hätte. Oder anders gesagt: Es war kein Scherz, dass Gott seinem Volk befahl, für ihre Sünden bestimmte Opfer zu bringen. Letztendlich kommt die Vergebung von Gott selbst; die Tieropfer waren für Gott nur ein Mittel auf diesem Weg. Im Neuen Testament erfüllt sich die Versöhnung schließlich im Opfertod Jesu am Kreuz, wo er sein Blut dafür vergoss, und dies ein für allemal (vgl. 5.Mose 32,43; Ps 65,3; Hebr 10,10.14.18).
Manche befürchten, dass wenn man zusätzlich zu diesem grundlegenden Erlösungswerk Jesu z.B. noch Sakramente als wichtig erklärt, dann würde die Erlösung zu einer Erlösung durch Werke der Gerechtigkeit. Wie ein bekanntes evangelisches Sprichwort sagt: “Die Religion sagt: ‘Tu!’ Christus sagt: ‘Getan!'”. Deshalb wird sogar der (menschliche) Glaube als göttliche Gabe und göttliches Werk angesehen.
Tote Religion gibt es wirklich. Glaube kann schnell formelhaft werden. Manche Christen sagen sich vielleicht: “Ich bekenne Jesus, deshalb bin ich gerettet. Ich bin getauft, darum bin ich gerettet. Ich habe die Kommunion empfangen, also bin ich gerettet. Ich habe alle Gebote genau befolgt, darum bin ich gerettet.” Eine allzu gesetzliche Denkweise ist gefährlich und nicht als Grundlage für unsere Errettung und Beziehung zu Christus geeignet.
Als Christ sollte man nicht denken, dass man auf jeden Fall gerettet ist, weil man z.B. alle Sakramente empfangen hat. Das Beispiel von Judas Iskariot zeigt, dass die Teilnahme am Sakrament nicht automatisch zur Erlösung führt. Er wurde vermutlich getauft, das ist jedoch biblisch nicht eindeutig, jedoch nahm er an der Fußwaschung und am letzten Abendmahl teil (Jh 4,1; 13,2.5.18). Judas´ Schicksal zeigt nachdrücklich, dass die rituelle Teilnahme an den Sakramenten allein für die Rettung nicht ausreicht.
Als Antwort auf eine tote Religion ist für manche Christen das einzig Ausschlaggebende für die Rettung der „Glaube allein“ und sonst nichts. Wenn in evangelikalen Kreisen “Rechtfertigung” als Synonym für “Erlösung” verstanden wird, dann bedeutet “Rechtfertigung durch Glauben” “Erlösung durch Glauben”. Und so hat man durch die Bekräftigung des Glaubens an Christus selbst eine “gerettete” Beziehung zu Christus. Dies wird als ein “sofort stattfindendes Erlösungsereignis”, das denjenigen ein für allemal rettet, verstanden und ist insofern gefährlich formelhaft. Aber Glaube ohne Umsetzung in die Praxis ist ein toter Glaube. Wenn das Bekenntnis des Glaubens an Christus zu einem bestimmten Zeitpunkt alles ist, was für die Rechtfertigung erforderlich ist, dann ist alles, was nach diesem Zeitpunkt geschieht, ein “zusätzliches” Ritual oder eine zusätzliche Religion und hat nichts mit der Errettung zu tun.
Das Fundament unserer Rettung
Denn aus Gnade seid ihr gerettet durch Glauben, und das nicht aus euch: Gottes Gabe ist es, nicht aus Werken, damit sich nicht jemand rühme. (Eph 2,8-9)
Was ist Erlösung durch Glauben? Es wird oft vergessen, dass unsere Errettung aus zwei verschiedenen, aber wichtigen Elementen besteht: a) die Annahme durch den Glauben an Christus; und b) der Prozess der Errettung in Christus. Beides ist notwendig.
Die Bibel sagt: „Denn wenn du mit deinem Munde bekennst, dass Jesus der Herr ist, und glaubst in deinem Herzen, dass ihn Gott von den Toten auferweckt hat, so wirst du gerettet.” (Röm 10,9). Aber wir müssen dies im Gesamtkontext der Bibel sehen.
Jakobus 2,24 besagt ” …, dass der Mensch durch Werke gerecht wird, nicht durch Glauben allein”. So wie der Glaube ohne Werke tot ist, so rechtfertigt uns der Glaube allein nicht. So wie der Leib ohne Geist tot ist, so ist auch der Glaube ohne Werke, die ihn zeigen, tot (Jak 2,17.26).
Die Bibel spricht von Errettung in allen Zeitformen, d.h. in der Vergangenheit (Apg 2,17: das Griechische verwendet die Zeitform des Aorists, welches nicht direkt übersetzt werden kann, sich jedoch meist auf eine abgeschlossene Handlung bezieht; vgl. auch Röm 8,24.28-30; Eph 2,5.8); in der Gegenwart (Apg 2,47; 1.Kor 15,1.2) und in der Zukunft (Mk 16,16; Apg 11,14; 16,31; Röm 5,10; 10,9.13). Das heißt nicht, dass es keine Heilsgewissheit gebe (Jes 32,17; Apg 17,31; 1.Thess 1,5; Hebr 6,11; 10,22; vgl. Röm 9,11; 2.Petr 1,10). Aber es ist wichtig zu verstehen, dass sich Erlösung in der Geschichte ereignet. Deshalb spricht die Bibel oft vom geistlichen Wachstum und einem Prozess infolgedessen unser Glaube sich weiterentwickelt. (Apg 14,22; Röm 1,17; 11,22; 1.Kor 15,2; 2.Kor 5,7; 1.Tim 4,16; 2.Tim 3,14; Hebr 3,6; 14,10.13). Der Apostel Paulus predigte einen “Glauben, der durch die Liebe tätig ist”, und eine „neue Schöpfung“ in Christus, in der nicht Beschneidung oder Unbeschnittensein zählt (Gal 5,6; 6,15; vgl. 2.Kor 5,17; 1.Kor 7,19). Doch weder unsere äußerlichen Werke noch unser Glaube sind das Fundament unserer Erlösung, denn Erlösung geht nicht vom Menschen aus.
Das Fundament unserer Errettung ist allein Gottes Gnade – ganz einfach. Und die Quelle der göttlichen Gnade ist Gott selbst. Im Johannesevangelium wird Gott das Wort genannt; dieses Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns (Joh 1,1.14). Dieses fleischgewordene Wort ist Jesus Christus. Er ist Gott selbst, der gekommen ist, um sein Volk von seinen Sünden zu erretten und die Sünde der Welt wegzunehmen (Mt 1,21; Joh 1,29).
“Denn das Gesetz ist durch Mose gegeben; die Gnade und Wahrheit ist durch Jesus Christus geworden.” (Joh 1,17).
Sobald das Fundament für unsere Erlösung klarer ist, nämlich a) Gottes Gnade, b) Gott selbst und c) Jesus Christus und sein Werk, können wir die Art und Weise unserer Errettung besser verstehen.
Errettung mit oder ohne menschliches Mitwirken?
“Als aber erschien die Freundlichkeit und Menschenliebe Gottes, unseres Heilands, machte er uns selig – nicht um der Werke willen, die wir in Gerechtigkeit getan hätten, sondern nach seiner Barmherzigkeit – durch das Bad der Wiedergeburt und Erneuerung im Heiligen Geist, den er über uns reichlich ausgegossen hat durch Jesus Christus, unsern Heiland…“ (Tit 3:4-6)
Christen wissen, dass der Mensch durch eine tiefe Kluft von Gott getrennt ist, und diese Kluft ist die Sünde. Christus kam und versöhnte den Menschen wieder mit Gott und hob so die entstandene Entfremdung auf. Das heißt, die Erlösung ist ein Geschehen, das Gott in seiner Barmherzigkeit vollbracht hat. Das führt dann natürlich zu der Frage: Wenn die Erlösung ganz und gar Gottes Werk ist, welche Rolle, wenn überhaupt, spiele ich dann dabei? Praktisch glauben Christen sowohl an Gottes Souveränität (Kontrolle) als auch an die menschliche Verantwortung; und beides ist biblisch.
Wir können also eine andere Frage stellen: Geschieht die Rettung mit oder ohne menschliches Mitwirken? Für den Christen lautet die Antwort: “Mit menschlichem Mitwirken”. Christus, das fleischgewordene Wort, muss als historischer, ganzer Mensch und als der Mittler unserer Erlösung anerkannt werden (1.Joh 4,2.3). Und insofern wird unsere Erlösung nicht nur von Gott bewirkt, sondern es gibt auch einen menschlichen Anteil daran.
Um Rechtfertigung und Erlösung recht zu verstehen, müssen wir das Konzept der Anrechnung der Gerechtigkeit Christi zu unseren Gunsten verstehen. Genauso wie jemand, der nichts mehr hat, seine Schulden nur bezahlen kann, wenn ihm jemand entweder Geld auf sein Konto überweist oder ihm seine Schulden erlassen werden, so kann ein Sünder Gottes rechtmäßige Forderung nur mit der Hilfe Christi erfüllen. In dem Moment, in dem wir die Realität der Sünde und des Bösen erkennen, verstehen wir, dass die Menschheit dringend sowohl einen Vermittler als auch einen Erlöser braucht.
Die Brücke, die Frieden zwischen Gott und Mensch herstellen kann, ist das Blut Christi. Die meisten stimmen zu, dass das Blut Christi uns rechtfertigt (Röm 5,9) und dass Erlösung nicht automatisch allen Menschen zuteil wird.
Wenn also Erlösung nicht universell ist, sondern „geschichtlich“ geschieht, dann muss es ein menschliches Handeln geben, mit dem wir Gottes Gnade der Erlösung annehmen und empfangen. Damit stellt diese „geschichtliche“ Handlung eine grundsätzliche Mitwirkung (nicht das Fundament) dar, mithilfe derer man die Gerechtigkeit Christi für sich selbst empfängt.
Das heißt die Mitwirkung des Menschen zur Erlangung des Heils besteht im Glauben an Christus, unter frommen Christen allgemein anerkannt. Deshalb sind Sakramente “im Glauben” an Christus keine menschlichen Werke. Der “menschliche” oder “geschichtlich stattfindende” Akt beim Empfangen der Rettung (hier: des Sakramentes) hat keinen Wert an sich; nur Gottes Gnade, nicht menschliche Tugend, bewirkt, dass sich das Herz eines Menschen für das Evangelium der Rettung öffnet oder nicht (Apg 16,14; Mt 13,10-13; 16,17; Joh 6,44.65).
In Titus 3,4-6 wird ausgeführt, dass wir nicht um unserer eigenen Werke der Gerechtigkeit willen errettet werden, vielmehr durch das Bad der Wiedergeburt und Erneuerung im Heiligen Geist.
Dies spricht sowohl für das Wirken Gottes als auch für das in der Geschichte stattfindende Handeln als Weg zur Erlösung.
Der Glaube als Teil der Gnade der Erlösung
“Als er (Jesus) aber in Jerusalem war beim Passafest, glaubten viele an seinen Namen, da sie die Zeichen sahen, die er tat. Aber Jesus vertraute sich ihnen nicht an; denn er kannte sie alle und bedurfte nicht, dass jemand Zeugnis gäbe vom Menschen; denn er wusste, was im Menschen war.” (Joh 2,23-25)
Glaube und Vertrauen sind wichtige Voraussetzungen für menschliches Handeln. Aber Glaube kann man schwer messen. Wenn jemand sagt: “Ich habe 50% Vertrauen, dass es morgen regnen wird”, ist diese Aussage vermutlich schwerer zu überprüfen als “es regnet mit 50%iger Wahrscheinlichkeit”. Wir können die Voraussetzungen für Regenwetter messen, aber können wir auch die Voraussetzungen für Glauben messen? Wie die Liebe ist auch der Glaube im Allgemeinen nicht greifbar oder messbar. Wir interpretieren bestimmte Handlungen und sagen: “Dieser oder jener hat großen Glauben, hat große Liebe“. Aber selbst Handlungen sagen nicht alles. Menschen handeln aus vielen Gründen. Ein Mann, der um eine Frau wirbt, kann ihr einen teuren Diamantring schenken. Die Handlung allein besagt jedoch nicht unbedingt alles. Es kann sein, dass der Mann aus reiner Liebe und Hingabe handelte. Aber vielleicht handelte der Mann aus Habgier (die Frau war wohlhabend). Vielleicht handelte er aus Druck (seine Eltern sagten ihm, er müsse diese Frau aus Statusgründen heiraten). Oder er tat es wirklich aus reiner Liebe (die Frau konnte ihm nichts bieten, aber er gab sich ihr ganz).
Unsere Handlungen können unsere Motive also nicht immer vollständig offenlegen, aber sie können ein Hinweis auf unsere Motive sein. Ebenso können Handlungen des “Glaubens” (oder sogar der Religion) an sich nicht alles sagen. Gott allein kennt das menschliche Herz, denn Er weiß, was im Menschen ist.
Es reicht nicht zu verstehen, dass der Glaube an unserer Erlösung mitwirkt. Wir müssen noch einen Schritt weiter gehen und fragen: welche Art von Glauben kann retten? Der Glaube an eine gute Fee? Der Glaube, der sagt: “Jesus hat es bezahlt. Ich glaube daran. Das ist alles.” Oder gibt es etwas Tieferes? Hoffentlich gibt es etwas Tieferes.
Diesen Teil der Mitwirkung bei der Erlösung zu verstehen (d.h. den Glauben an Christus) ist genauso wichtig wie das Verstehen der Grundlage der Erlösung. Grundsätzlich muss der Glaube an Christus auf Gottes Wort – dem Grund der Verheißungen Gottes – gegründet sein. Wenn wir Gottes Wort nicht vertrauen, wozu sind dann seine Verheißungen? Der absolute Maßstab für den christlichen Glauben ist Gottes Wort, das Gott seinen „Geliebten“ im Laufe der Geschichte offenbart hatte und in der Bibel niedergeschrieben wurde. Durch dieses Wort werden wir wiedergeboren (1.Petr 1,23: “wiedergeboren” aus dem “Wort”; vgl. Eph 5,26: „gereinigt durch das Wasserbad im Wort“; vgl. auch 1.Petr 1,3: Petrus verbindet hier „Wiedergeburt“ mit der „Taufe“ durch den exakt gleichen Satz: „durch die Auferstehung Jesu Christi“) und empfangen das Evangelium (1.Petr 1,25).
Sakramente sind heilsnotwendig
“Gott sei aber gedankt: Ihr seid Knechte der Sünde gewesen, aber nun von Herzen gehorsam geworden der Gestalt der Lehre, an die ihr übergeben wurdet.“ (Römer 6:17)
Die Sakramente, die die Gemeinde heute austeilt, gründen auf Gottes Verheißungen.
Gemäß der Verheißung der Heiligen Schrift:
1) bewirkt die Wassertaufe die Vergebung der Sünden und schenkt neues Leben (Apg 2,38; 22,16; Tit 3,5; Kol 2,11.12; Röm 6,1-6; 1.Petr 1,3; 3,21).
2) gibt uns die Fußwaschung durch die von Christus Gesandten, Teil am Herrn (Joh 13,8.10.20).
3) gibt uns das Abendmahl die Gabe des Lebens Christi und ermöglicht uns die Teilhabe an der Auferstehung am letzten Tag (1.Kor 10,16; Joh 6,53-56).
Oberflächlich betrachtet könnte man denken, dass es sich um ein rein religiöses Ritual handelt, wenn jemand Christus öffentlich annimmt, indem er sich taufen lässt oder ein Sakrament empfängt. Kann gewöhnliches Wasser Vergebung der Sünden bewirken? Wie könnte eine Fußwaschung bewirken, dass wir Teil an Christus haben? Wie kann die Einnahme von Brot und Saft als Leib und Blut Jesu die Teilnahme am Leben Christi bewirken oder die Verheißung der Auferstehung am letzten Tag geben? (Diese Fragen treffen auch auf das Bekennen des Herrn mit dem Mund zu, wodurch viele meinen, damit hätte man Vergebung, Teil am Herrn, ein neues Leben und Rettung bekommen).
Aber dann erkennen wir, dass Sakramente auf der Autorität, dem Befehl und dem Versprechen Gottes beruhen. Wenn Gottes Wort nicht glaubwürdig ist, sind seine Verheißungen wirkungs- und machtlos. Wenn Gottes Wort hingegen glaubwürdig ist, haben seine Verheißungen eine große Wirkung und Macht.
Wir kehren also zu der grundsätzlichen Frage zurück: Werden die Sakramente des Neuen Bundes auf der Grundlage der Verheißung Gottes oder des Menschen gespendet? Anders gesagt: “Sind die Sakramente des Neuen Bundes vom Himmel oder von Menschen?” (vgl. Mk 11,30).
Wenn Sakramente lediglich vom Menschen geschaffene Institutionen der Religion wären, sollten wir sie abschaffen. Aber wenn Gott der Gemeinde befohlen und sie ermächtigt hat, die Sakramente in seinem Namen als notwendige Gnadenmittel zu spenden und durchzuführen, dann lasst sie uns um des Evangeliums willen empfangen.
Es passiert leicht, dass das Fundament der Errettung mit ihren vermittelnden Handlungen verwechselt wird. Aber ganz gleich, ob man das Evangelium hört oder predigt, oder sich zu Christus bekennt, sich taufen lässt, die Fußwaschung annimmt, das Abendmahl empfängt oder ein geheiligtes Leben führt, gibt es keinen Konflikt zwischen diesen „in der Geschichte stattfindenden“ Handlungen und der Erlösung aus Gnade durch den Glauben.
Die Befolgung der Gebote und Lehre Christi schmälert die Botschaft des Evangeliums nicht, sondern begründet sie. Errettung “aus Gnade durch den Glauben” bedeutet nicht, dass unser Glaube in einem Vakuum ist, das nur Christus beanspruchen kann, aber frei von seiner Gerechtigkeit, seinen Grenzen (Formen), seinem moralischen Gesetz oder irgendeinem Mittel der Errettung ist.
Ja, die Religion sagt: “Tu!” und Christus sagt: “Erledigt!” Doch das “Erledigt!” Christi bedeutet nicht, dass wir nichts zu tun hätten, um sein Versprechen zu empfangen. Was wir vielmehr tun, tun wir aus Glauben durch die Kraft Christi und zu seiner Ehre.
„Also, meine Lieben, – wie ihr allezeit gehorsam gewesen seid, nicht allein in meiner Gegenwart, sondern jetzt noch viel mehr in meiner Abwesenheit – schaffet, dass ihr selig werdet, mit Furcht und Zittern. Denn Gott ist’s, der in euch wirkt beides, das Wollen und das Vollbringen, nach seinem Wohlgefallen.“ (Phil 2,12-13)