Ich sah Ihn

Yi-Chuang Wen, Hamburg, Deutschland
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Ich wollte schon immer Musikerin werden. Zielstrebig verfolgte ich dieses Ziel bis ich den Eindruck hatte, dass ich genug konnte, um zu den Künstlern gerechnet zu werden, die ich immer bewundert hatte. Doch dann, als ich 20 Jahre alt war und nachdem ich meinen selbst gewählten Lebensweg gefunden hatte, passierte es immer öfter, dass ich mit meinem Leben unzufrieden war und ich mir viele Fragen stellte.

Ich fragte mich: Ist das alles? Gibt es nur diese Welt? Gibt es nicht mehr? Und: was ist der Sinn meines Lebens? Ich ließ die vergangenen Jahre, in denen glücklich und gesund gewesen war, an mir vorüberziehen. Für dies alles musste es doch einen Grund geben! Aber wer oder was war das? War es die Kraft der Natur oder das geheimnisvolle Universum? War es eine Lebensphilosophie oder die Kraft der menschlichen Vernunft? Ich suchte eifrig nach diesem Grund.  Schließlich kam ich zu dem Ergebnis, dass dies der lebendige und wahre Gott sein müsse.

Auf meiner Suche fand ich dann zunächst eine Vielzahl von Erklärungen über Gott, und ich war verwirrt. Ich glaubte, dass es nur einen Gott gibt, einer der unbegreiflich ist. Ich wollte unbedingt dieses göttliche Wesen suchen und herausfinden, wo es ist und ihm nahe sein. Nach einiger Zeit fand ich dies in Jesus. Ich schloss mich einer Gemeinde an und wurde dort getauft.

Als ich 23 war erzählte mir eine Freundin in Köln von der Wahren Jesus Gemeinde. Sie lud mich zu deren Winterfreizeit ein. Dort entdeckte ich, dass die Lehre der Wahren Jesus Gemeinde ganz mit der Bibel übereinstimmte. Ich war neugierig geworden und wollte immer mehr von dieser Wahrheit wissen. Dazu fuhr ich manchmal bis zu drei Stunden, nur um mit anderen Geschwistern am Gottesdienst teilnehmen zu können.

Nachdem ein Jahr vergangen war, in dem ich so das Wort Gottes gehört und selbst gelesen hatte, konnte ich Gott erfahren und fühlte mich ihm näher. Er wurde mir zum Freund und zu einer Kraftquelle. Ich erkannte auch, dass meine vorherige Taufe keine Wirkung haben konnte, weil sie nicht entsprechend der Bibel durchgeführt worden war. Trotzdem hinderte mich mein Stolz daran, mir dies einzugestehen. Es fiel mir schwer anzuerkennen, dass ich noch einmal getauft werden müsse.

Auch die Erwartung, nun die Gebote Gottes genau einhalten zu müssen, erschien mir wie eine schwere Last, insbesondere weil ich noch nicht den Heiligen Geist empfangen hatte. Ich sorgte mich darum, dass ich nach der Taufe all die Freiheiten, die ich bisher genoss, verlieren würde. Diese Gedanken waren es, die mich daran hinderten, ein Nachfolgerin nach Gottes Willen zu werden.

Am Neujahrstag 1986 war ich bei der Winterfreizeit der Gemeinde in Stuttgart. Am Ende dieses Tages beteten einige, die gerne den Heiligen Geist empfangen wollten, noch etwas länger. Am Anfang dieses Gebetes fragte ich Gott: „Soll ich mich noch einmal taufen lassen?“ Und Gott antwortete mir auf wunderbare Weise.

Bewegt vom Heiligen Geist sah ich im Gebet eine Vision. Ich sah einen Mann mit Mantel und römischen Sandalen an den Füßen, der ungefähr einen Meter von mir entfernt auf einem Felsen saß. Sein Gesicht war zwar nicht zu erkennen, aber seine Gestalt strahlte Frieden und Freundlichkeit aus. Unter ihm schien ein sanftes Licht. Ich wusste sofort, dass dies Jesus war!

Überwältigt von dieser Vision und voller Freude wollte ich, dass auch andere diese Vision sehen sollten. Aber er lächelte nur. Ich sagte ihm dann: „Herr, dieser Weg zum Himmel ist zu schwierig für mich, du musst mir helfen ihn zu Ende zu gehen. Ich bin zu schwach, aber wenn du mich wirklich erwählt hast, dann hilf mir bitte, diesen Weg zu gehen.“ Der Herr lächelte weiter, ohne irgendetwas zu sagen. Ich fühlte jedoch einen großen Frieden in mir und mich ihm ganz nah.

Plötzlich sah ich mich selbst als Fünfjährige, wie ich vor ihm sang und tanzte. Er lächelte noch immer. Dann sah ich mich wieder als Erwachsene, wie ich ihm meine Probleme mit dem Glauben schilderte und wie ich mit ihm über Fragen der Lehre diskutierte. Die ganze Zeit hörte er zu, immer mit dem freundlichen Lächeln auf seinem Gesicht.

Gerade da erklang das Zeichen, dass das Gebet beendet war. Ich war während des Gebets vom Heiligen Geist so bewegt gewesen, dass meine Augen vom vielen Weinen ganz geschwollen waren. Als mich ein Diakon fragte, was denn passiert sei, ergriff ich die Gelegenheit und erzählte allen Anwesenden meine Vision. Auch bestätigten zwei Diakone, die mir die Hände aufgelegt hatten, dass ich den Heiligen Geist empfangen hätte. Sie lobten und dankten Gott dafür.

Wir beschlossen das Gebet fortzusetzen, auch für all diejenigen, die den Heiligen Geist noch nicht empfangen hatten. Gleich nachdem ich mich hingekniet und mein Gebet im Namen Jesu begonnen hatte, erschien mir diese Vision wieder.

Jesus nahm meine Hand und führte mich zu einem Fluss. Er zeigte auf das Wasser und sagte: „Mein Kind du musst dich taufen lassen.“ Dann wechselte die Szene. Ich sah ihn, wie er am Kreuz hing mit der Dornenkrone auf seinem Kopf. Sein ganzer Körper war verletzt und voller Blut, sein Kopf nach vorn geneigt. Er sah in qualvolle Schmerzen erleiden.

Unter dem Kreuz weinten einige Frauen um ihn. Ich war unter ihnen. Ein römischer Soldat mit einem Speer in der Hand ging auf Jesus zu. Als er dann in seine Seite stach, schrie ich laut: „Nein, nein!“ Ich sah, wie Wasser und Blut aus seinem Leib flossen. Als ich schrie, hörte ich die Stimme Jesu zu mir sagen: „Mein Kind sei nicht traurig. Du musst getauft werden.“ Ich konnte es nicht mehr länger ertragen, dies zu sehen. Jesus starb diesen grausamen Tod um meinetwillen. Ich fühlte die Last meiner Sünden so sehr und begann ein trauriges Lied zu singen – bis das Gebet zu Ende war. Ich beendete mein Gebet, konnte aber nicht aufhören zu weinen.

Danach erzählte ich den anderen wieder von meiner Vision. Viele waren zu Tränen gerührt. Ich bewunderte sie wegen ihrer großen Liebe zu Gott. Ich hatte ihn persönlich gesehen, aber sie hatten nur mein Zeugnis gehört und waren schon so berührt.

Beim Gebet am nächsten Morgen sah ich eine weitere Vision. Dieses Mal sah ich ein leeres Kreuz. Unter ihm lagen zwei zusammengelegte Tücher. Es fühlte sich an, als ob jemand aus meiner Familie gestorben wäre. Ich weinte und war sehr traurig.

Diese Visionen waren die Antwort Gottes auf meine Frage. Obwohl ich es nicht verdient habe, hat sich Gott mir in seiner Gnade und Barmherzigkeit gezeigt. Ich danke ihm so sehr, dass er mich trotz meines Stolzes nicht aufgegeben hat.

Im April 1986 wurde ich dann während einer Frühlingsfreizeit in Heidelberg im Namen Jesu getauft, so wie es in der Bibel beschrieben ist.

Ich bete seither darum, dass Gott mich führt, den Weg zum Himmel zu vollenden. Amen.